Feintool nimmt Anlauf für bessere Zeiten


Die weltweit im Anlagenbau und Komponentengeschäft tätige Feintool-Gruppe mit Sitz in Lyss/BE vermochte zwar dem für die Investitionsgüterindustrie besonders widrig gewordenen Umfeld einigermassen zu trotzen. Bei einem erwartungsgemäss rückläufigen konsolidierten Umsatz von CHF 417,4 Mio. (Vorjahr CHF 471,2 Mio.) erreichte sie im Geschäftsjahr 2001/2002 (per 30.9.2002) ein operatives Ergebnis von CHF 6,2 Mio. (31,7 Mio.). Der Verwaltungsrat hat auf diese Entwicklung und das weiter von zahlreichen Unsicherheiten geprägte wirtschaftliche Umfeld mit durchgreifenden Massnahmen reagiert. Auf dem Goodwill des Kunststoff/Metallkomponenten-Herstellers Mühlemann werden eine Wertberichtigung von CHF 5 Mio. und zur Neupositionierung der Feinschneidpressen und Automationssysteme Rückstellungen von insgesamt CHF 7,1 Mio. vorgenommen, was zu einem konsolidierten Jahresverlust von CHF -7,3 Mio. führt. Zudem hat der VR eine Ueberprüfung der Konzernstrategie angeordnet. Die Unternehmensleitung wird teilweise erneuert.
 
 
Da die Holdinggesellschaft mit einem Gewinn von CHF 12,6 Mio. abschliesst und zudem Rückstellungen zur Aufrechterhaltung einer über die Zeit ausgewogenen Dividendenpolitik bestehen, beantragt der Verwaltungsrat der kommenden Generalversammlung dennoch die Ausschüttung einer allerdings reduzierten Dividende von CHF 4.- pro Aktie (Vorjahr 12.-).
 
 
Im Segment Feinschnei­den/Umformen haben die Teilepro-duktionsbetriebe auf leicht tiefe­rem Niveau die Umsatz- und Er-tragsziele übertroffen, konnten jedoch das schwä­chere Abschneiden bei den Pressen und Anlagen nur teilweise kompensie­ren. Die zurückhaltende Investitionsbereitschaft hatte spe­ziell im Segment Verbinden/Automatisieren stärkere Auswir­kun­gen wegen fehlenden Aufträgen aus den Bereichen Telekom und Elektronik. Auch das Segment Kunst­stoff/Metallkomponenten wurde mit schwächeren Abrufen bei lau­fenden Aufträgen konfrontiert.
 
Der eingeleitete Abbau von Kapazitäten und Strukturen führte trotz einer Reduktion des Personalaufwandes um 6,8% und des Verwaltungs- und Vertriebsaufwandes um 11,1% kurzfristig zu höheren Kosten. Die Restrukturierungsmassnahmen werden sich jedoch im laufenden neuen Geschäftsjahr positiv auf die Profitabilität auswirken. Für dieses Jahr rechnet die Gruppenleitung bei gegenüber dem Vorjahr nochmals leicht tieferen Umsätzen mit einem positiven Ergebnis. Dank substanziellen Auftragseingängen für grossvolumige Serien von Tei­len und Komponenten zeichnet sich ab 2004 wieder ein Wachs­tum ab. Die Repositionierungsmassnahmen im Bereich Pressen und Automationssysteme werden dann ebenfalls voll zum Tragen kommen.
 
 
Kennzahlen (CHF Mio.)    01/02 00/01  Veränderung %
Konsolidierter Umsatz 417,4 471,2 -11,4
EBITDA 28,8 55,2 -47,9
Operatives Ergebnis EBIT 1,2 31,7 -96,4
Reingewinn -7,3 19,7 -137,2
Bilanzsumme       320,9 370,8 -13,5
Eigenkapital 130,8 151,0 -20,2
Nettoverschuldung 69,4 75,8 -8,4
 Mitarbeiterbestand (30.9.) 1683 1'879     -10,4
 
 
Integralstrategie mit ausgleichender Wirkung
Fein­tool konnte seine Marktleaderposition im Segment Fein-schneiden/Umformen festigen und die führende Stellung im Segment Kunst­stoff/Metallkomponenten sowie im Segment Automation kon-solidieren. Die Integralstrategie hat sich ausgleichend ausgewirkt. Während die im Investitionsgüterbranche tätigen Bereiche stärker unter der global unsicheren Wirtschaftssituation zu leiden hatten, konnten die im Teile- und Komponentengeschäft als Zulieferer operierenden Bereiche zufriedenstellende Auslastungen ausweisen.
 
 
Attraktivität der Feinschneidtechnologie gesteigert
Das Segment Feinschneiden/Umformen hat mit CHF 242,3 Mio.  bzw. einem Anteil von 58,0% (55,1%) zum Konzern­umsatz beigetragen. Die Auslastung im Werk Jona mit der Zweitmarke Schmid war un­befriedigend; Optimierungsmassnahmen im Bereich Feinschneid-pressen sind bereits eingeleitet. Die euro­päischen und amerikanischen Teileproduktionen haben gegenüber dem Vorjahr auf leicht tiefe­rem Niveau ihre Ziele erreicht; der Betrieb in Japan hat seine Um­satzleistung trotz flauer Inlandkonjunktur sogar wesentlich steigern kön­nen. Mit dem Abschluss neuer, längerfristiger Lieferverträge werden auch die Werke in Europa und USA mittelfristig besser ausgelastet sein.
 
 
Ausrichtung auf Marktveränderungen
Der Anteil am Konzernumsatz des Segments Verbin­den/Automatisieren betrug CHF 115,6 Mio. bzw. 27,7% (31,4%). Das Anlagenge­schäft war durch die anhaltend schwache Nachfrage speziell in der Telecom- und Handy-Industrie stark be­troffen. Die Projektliste ist nach wie vor umfangreich, aber die Bestellungen wurden auch in den letzten Monaten weiterhin zurückgestellt. Mit Neuentwicklungen wird den veränderten Kun­denbedürfnissen entsprochen. Das Automationskomponenten-geschäft unter dem Namen "United Components" litt trotz interessanten Neuheiten und verstärkten Marketingaktivitäten unter der rückläufi­gen Geschäftstätigkeit bei den Kunden im Bereich Sondermaschinenbau.
 
 
Wachstumsmarkt im Visier
Das Segment Kunststoff-/Metallkomponenten hat mit CHF 59,8 Mio. 14,3% (13,5%) zum Konzernumsatz beigesteuert. Der Umsatz des Vorjahres konnte aufgrund von schwächeren Abrufen bei bestehenden Aufträgen nicht gehalten werden. Mehrere Zusatzaufträge werden den Werken Biberist und Tennessee in den nächsten Jah­ren aber ein substanzielles Wachstum ermöglichen. Mit der zusätzlichen Goodwill-Abschreibung von CHF 5 Mio. wurden auch bilanzmässig die Voraussetzungen für die Rückkehr in die Erfolgszone geschaffen.
 
 
Aussichten für Geschäftsjahre 02/03 und 03/04
Verwaltungsrat und Gruppenleitung haben die strategische Ausrichtung überprüft. Diese hat sich grundsätzlich als richtig erwiesen. Allerdings besteht in verschiedenen Segmenten Handlungsbedarf bei der Umsetzung. Die Gruppenleitung unter der neuen Führung von Andreas Münch ist aber zuversichtlich, dank den getroffenen bzw. vorgesehenen Massnahmen sowie den zulasten des vergangenen Geschäftsjahres vorgenommenen Wertberichtigungen und Rückstellungen das Geschäftsjahr 2002/03 mit einem ansprechenden Resultat abschliessen zu können. Ab 2004 will Feintool wieder auf den gewohnten Wachstumspfad zurückzukehren.
 
 
Weiterhin solide Bilanzstrukturen
Hauptsächlich aufgrund des Abbaus der flüssigen Mittel um CHF 25 Mio., einer Reduktion des Warenlagers um CHF 7,8 Mio. und der zurückhaltenden Investitionspolitik ging die Bilanzsumme der Gruppe gegenüber dem Vorjahr um 13,5% auf CHF 320,9 Mio. zurück. Die Nettoverschuldung konnte um CHF 6,5 Mio. auf neu CHF 69,4 Mio. reduziert werden. Sie beträgt 53,0% vom Eigenkapital und liegt damit im Zielbereich. Die Eigenkapitalquote bleibt mit 40,8% auf dem Vorjahresniveau.
 
 
Teilweise Erneuerung der Konzernleitung
Nachdem der noch für das vergangene Geschäftsjahr zuständige Vorsitzende der Konzernleitung, Beat Lüthi, durch Andreas Münch abgelöst worden ist, hat sich der Leiter der Sparte Feinschneiden/Umformen, Dr. Siegmar Schlagau, entschieden, das Unternehmen zu verlassen.
Ausserdem hat der Finanzchef der Gruppe, Paul Häring, den Verwaltungsrat darüber informiert, dass er sich im Verlaufe des nächsten Jahres selbständig machen wird, dem Unternehmen aber in jedem Fall bis zum Zeitpunkt einer reibungslosen Uebergabe an eine(n) Nachfolger(in) zur Verfügung steht.
 
 
 
Feintool ist führender Technologie- und Systemanbieter für Fein­schneiden/Umformen und Verbinden/Automatisieren sowie global tä­tiger Zulieferer von Metall- und Kunststoffkomponenten. In eigenen Betrieben und Niederlassungen in der Schweiz (Hauptsitz in Lyss), Deutschland, Frank­reich, Italien, England, den USA, Japan und China sorgen rund 1700 Mitarbeiter/innen (davon 900 in der Schweiz) für zufriedene Kunden.